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Wort zum Sonntag - Wetterauer Zeitung - 16. November 2024

Gott braucht uns

Gott kann auch wütend sein. So erzählt es die Geschichte von Jona. Gott ist wütend über die Bosheit einer ganzen Stadt. Er schickt Jona nach Ninive, um deren Untergang anzukündigen. Der glaubt nicht daran, dass Gott so etwas zulassen würde. Er will den Auftrag zuerst gar nicht ausführen und nimmt ein Schiff in die entgegengesetzte Richtung. Doch Gott braucht ihn. Nach einem Sturm landet Jona in der Tiefe des Ozeans im Bauch eines großen Fisches. Ausgerechnet hier kann Jona beten. Er lernt auf Gott zu hören und findet Kontakt zu seiner Seele.

Wieder ausgespuckt an Land macht Jona sich schließlich doch auf den Weg nach Ninive, um Gottes Botschaft auszurichten. Erstaunlicherweise wird seine Rede sofort gehört. Alle Leute ziehen besondere Bußkleidung an und fangen an zu fasten. Auch der König macht mit. Sogar die Rinder und Schafe bekommen weniger Futter. Am Ende sind alle glücklich. Der Untergang konnte verhindert werden. Auch Gott ist erleichtert. Nur Jona ist jetzt wütend und denkt sich: Hab ich´s doch gewusst.

Auffällig an der Geschichte finde ich, dass Gott zwar viel bewirkt, doch die Menschen selbständig handeln müssen. Das könnte eine Erklärung dafür sein, dass Gott die Kriege, den Populismus, Armut, Einsamkeit und andere Bedrohungen unserer Welt nicht einfach beenden kann. Er braucht uns. Die Bewohner von Ninive machen es uns vor. Sie hören zu und gehen in sich. Und vor allem: Sie halten zusammen. So geht ihre Stadt nicht unter. Das feiern wir kommenden Mittwoch in der Kirche am Buß- und Bettag.

Pfarrer Joachim Neethen, Ev. Kirchengemeinde Friedberg

Ansprache zu den Jubiläums-Konfirmationen 2024 Dorheim

Liebe Jubilarinnen und Jubilare, liebe Gemeinde.

Großer Reichtum ist heute in unserer Kirche versammelt…!

Oh Gott, wird vielleicht jetzt manche oder mancher denken, woher kennt der Pfarrer mein Bankkonto. Jemand anderes aber wird vielleicht zu sich selbst sagen: „Mich und mein Bankkonto kann er nicht meinen…!“

Aber diese Art von Reichtum, also jenen an Geld, habe ich gar nicht gemeint.

Mir geht es um den großen Reichtum an Lebenserfahrung, der hier und heute in unserer Kirche versammelt ist. Und solche Lebenserfahrung wurde lange als ein wirklicher, ja vielleicht als der eigentliche Reichtum eines Menschen begriffen.

Denn da gab es Zeiten, da war das Wissen der Welt vor allem in den Köpfen und Herzen der lebenserfahrenen Menschen zu finden. Zeiten, in denen noch nicht einmal Bücher gedruckt werden konnten. Zeiten, in denen viele die wenigen handgeschriebenen Bücher, die es gab, nicht lesen konnten. Ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, die wir heute haben, von Google bis Wikipedia.

Wer zu solch früheren Zeit Rat gesucht hat in schwierigen Lebenslagen, hat sich an die Menschen mit Erfahrung gewandt, also an die Älteren, ja Alten.

Das galt auch für das Handwerk. Am angesehensten waren die alten Meister mit der größten Erfahrung. Sie wussten, wie es geht. An sie musste man sich wenden, wenn man Großes lernen wollte. Die gewaltigen Dome, die wir heute bestaunen, wurden mitunter, so habe ich es gelesen, ohne eigentliche Baupläne gebaut, wie wir sie kennen.  Auschlaggebend für das Gelingen dieser zeitlos beeindruckenden Bauten war das Wissen der älteren Meister, die in ihrem Leben viel gesehen, viel gelernt und viel ausprobiert hatten.

Doch solche Wertschätzung der Erfahrung ist leider im wahrsten Sinn des Wortes Geschichte.

Heute wird eher das Jung-Sein mit seinen Qualitäten verherrlicht: Körperliche Fitness, Beweglichkeit, Umgang mit den Neuerungen der Technik, sprudelnde Kreativität, Unbekümmertheit, glatte und straffe Haut - das möchte man heute haben. Man möchte, wenn man nicht mehr jung ist, wenigstens jung aussehen.

Dabei geht leider zu sehr verloren, dass auch heute noch Lebenserfahrung ein wichtiges Gut sein kann. Denn ein lebenserfahrener Mensch hat nicht nur mehr gesehen, mehr gelernt und ausprobiert als ein junger Mensch.

Der erfahrene, also ältere Mensch, hat auch mehr erlebt und durchlebt, vielleicht sogar mehr geradeso überlebt – er hat auch mehr erduldet und erlitten. Davon könnten heute und hier viele von uns sicher eine Menge erzählen.

Ich wünschte mir, dass jüngere Menschen diesem Erzählen gut zuhören würden. Denn die Jüngeren könnten die Erfahrungen der Älteren gut brauchen, wenn im Leben die wirklich ernsten Herausforderungen kommen. Und ich erlebe tatsächlich, dass jüngere Menschen in sehr schwierigen Lebenssituation den Rat ihrer Eltern und Großeltern, ja Urgroßeltern suchen.

Im direkten Kontakt wird die Erfahrung des Alters also durchaus geschätzt. Etwas anders ist es in unserer Gesellschaft, aber das will ich hier nicht vertiefen.

Denn wir sind ja heute hier in unserer Kirche und freuen uns daran, dass wir große Konfirmationsjubiläen feiern können. Wir haben große Hochachtung davor, dass sie mit all ihrer Lebenserfahrung diese Jubiläen feiern.

Oder sollte ich sagen: Dass sie trotz der Erfahrungen in ihrem Leben diese Jubiläen feiern.

Denn wie schon angedeutet, könnten sie alle sicher auch von schweren Phasen in ihrem Leben berichten. Von harten Zeiten, von Schmerz und vielleicht von Abschieden, bei denen ihr Gottvertrauen auf eine harte Probe gestellt wurde.

Doch sie haben sich ihren Glauben durch all das nicht nehmen lassen, sonst wären sie ja sicher heute nicht hier. Dieser Glaube wird in ihrem Innern sehr verschieden aussehen, sich sehr verschieden anfühlen. Aber ich bin mir gewiss: Dieser Glaube ist da!

Damit legen sie am heutigen Tag durch ihr Hiersein Zeugnis ab für einen ganz großen Gedanken unserer Heiligen Schrift:

Jesus Christus, gestern und heute, und derselbe auch in Ewigkeit.

Das sind Worte aus dem Hebräerbrief im Neuen Testament. Worte, die uns daran erinnern, dass unser Heiland uns auf unserem Weg begleiten will, durch Höhen und Tiefen, durch Vertrauen und Anfechtung, durch Lachen und Weinen, durch unser Leben und unser Sterben. Unser Heiland ist der stabile Faktor in unserem Leben, das sagt uns der Apostel zu.

Ich bin unendlich dankbar dafür, dass sie, liebe Jubilarinnen und Jubilare, uns an diese großen Zusagen erinnern, durch ihr Kommen, durch ihr Feiern, durch ihre Wertschätzung für unseren Glauben und seine Traditionen.

Damit setzen sie ein Zeichen für die Zuwendung Gottes zu uns allen. Denn sie zeigen uns allen und sagen uns:

Wir haben in unserem Leben viel erlebt, auch viel erlitten. Wir haben auch immer noch einige Fragen an unseren Gott, denn an manchem haben wir bis heute schwer zu tragen. Aber wir wissen auch, dass auf unseren Heiland Jesus Christus Verlass ist. Dass wir uns immer an ihm festhalten und aufrichten können. Mit ihm an unserer Seite möchten wir unseren Weg weitergehen. Dieser Weg mag uns noch durch manche Herausforderungen führen. Aber am Ende wird es ein Weg zu unserem Gott sein.

Auf diesem Weg segne sie unser Gott und unser Erlöser und er segne alle, die ihnen am Herzen liegen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen!

Pfarrer Hilmar Gronau, Ev. Kirchengemeinde Dorheim & Bauernheim